Hanns–Joachim-Friedrichs-Preis 2024 an Eva Schulz und Jan Lorenzen

Porträts: Eva Schulz, Jan Lorenzen
Eva Schulz | Jan Lorenzen
Fotos: Schulz (c) Böhm | Lorenzen (c) Stein

Für ihre Beiträge zum kritischen Fernsehjournalismus werden Eva Schulz und Jan Lorenzen zu gleichen Teilen mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2024 ausgezeichnet. In diesem Jahr verleiht die Jury außerdem einen Sonderpreis. Er geht an Fabian Köster und Lutz van der Horst für ihr „heute-show spezial: Zwei Besserwessis im Osten“ vom 30. August 2024. Mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Förderpreis 2024 wird der freie Journalist Paul Schwenn geehrt.

 

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Hanns-Joachim Friedrichs Sonderpreis 2024 an Fabian Köster und Lutz van der Horst

Porträts: Fabian Köster, Lutz van der Horst
Fabian Köster (c) Ronja Hartmann
Lutz van der Horst

Den Sonderpreis erhalten Fabian Köster und Lutz van der Horst für ihr „heute-show spezial: Zwei Besserwessis im Osten“. Den beiden Reportern gelingt es, mit ihrer Sendung aus der Endphase des Wahlkampfs in Sachsen und Thüringen die Absurditäten und Erkenntnisse aus modernen Wahlkämpfen abzubilden, gut recherchiert und stark präsentiert. Mit einer Schärfe, die der tagesaktuellen politischen Berichterstattung oft fehlt, bringen Köster und van der Horst das politische Spitzenpersonal zu Antworten, die charakteristische Hinweise darauf geben, wo die Politiker Forderungen und Parolen des Wahlkampfes nicht zu Ende gedacht haben. Die beiden Autoren zeigen so exemplarisch, wie Humor und Satire benutzt werden können, um Politik und politische Rituale zu hinterfragen. Die dokumentarischen Filme der beiden werden als „spezial“-Ausgaben der „heute-show“ gebrandet, die Jury sieht darin aber auch eigenständige Werke mit hohem journalistischem Anspruch und großem Unterhaltungswert. So gelingt es auf bemerkenswert direkte Art, der Floskelwelt ein Schnippchen zu schlagen.

Hanns-Joachim Friedrichs Förderpreis 2024 an Paul Schwenn

Porträt: Paul Schwenn
Paul Schwenn (c) Ece Savus

Die Jury vergibt einen neuen Förderpreis, in diesem ersten Jahr an den freien Journalisten Paul Schwenn. Bekannt ist er aus seiner Zeit beim ZDF Magazin Royale, wo er bis Ende 2023 tätig war. Inzwischen ist er unter anderem für das Funk-Format „STRG_F“ tätig. Er gilt als gewissenhafter Journalist, der penibel und akribisch arbeitet, immer noch etwas findet, immer noch eine Quelle auftreibt, keine Angst davor hat, den Schreibtisch zu verlassen, dabei sind sein Wissen und Interesse breit, seine Recherchen vielfältig: Von dubiosen Spielerberatern im Fußball, der Security-Branche oder Kollegahs Coaching-Sekte bis hin zu inhaftierten Erdbebenhelfern in der Türkei und IS-Mitgliedern in Nordsyrien. Empathisch spricht er jede und jeden an, kann überzeugen, kann Vertrauen aufbauen und geht mit diesem Vertrauen sorgsam um. Inzwischen arbeitet Paul Schwenn frei und hat begonnen, eigene Texte und Dokumentationen zu gestalten und steht neben seiner Recherche- und Textarbeit nun auch selbst vor der Kamera. Schwenn möchte dem nachgehen, was ihm ungerecht, unanständig oder unglaubhaft vorkommt. Missstände sichtbar machen, ohne Entlastendes oder Widersprüchliches auszublenden. Mutig sein, Fehler zugeben, Spaß haben. Hat man die Gelegenheit, ihn bei seiner Arbeit zu beobachten, erkennt man: Das tut er. Der Förderpreis soll nach dem Willen der Jury nicht Projekte fördern, sondern bereits vorliegende Arbeiten junger Kolleginnen und Kollegen, die ihre herausragenden Qualitäten schon unter Beweis gestellt haben, und vor allem Aufmerksamkeit für junge Talente schaffen

Nachruf auf unser Mitglied und Preisträger von 1997 Christoph Maria Fröhder

Christoph Maria Fröhder
Christoph Maria Fröhder †
Foto (c) Volker Skierka

Was für ein toller Typ, immer an der Front, wo auch immer - so wirkte Christoph Maria Fröhder auf mich, damals angehender Jungredakteur bei Monitor im WDR. Christoph tauchte im Schneideraum auf mit Filmbüchsen unterm Arm. Es war ein Auftritt. Ein Ruf ging ihm voraus, und das wusste er.

Fast 50 Jahre ist das her, es war unsere erste Begegnung. Christoph kam gerade aus Kambodscha zurück, erlebte und dokumentierte als einziger westlicher Fernsehjournalist in Phnom Penh den Einmarsch der Roten Khmer. Diese üble Truppe hatte danach eine Terrorherrschaft mit Millionen Toten zu verantworten. Die berüchtigten Killing Fields wurden zum Begriff für ideologisch motivierten Völkermord.

In dieser Lage auszuharren und zu hoffen, dass Bilder irgendwie die Weltöffentlichkeit erreichen, erforderte ein Höchstmaß an Mut, angetrieben durch den Willen, auch unter widrigsten Umständen Reporterpflichten zu erfüllen. Das Filmmaterial schmuggelte Christoph in einem falschen Gipskorsett aus Kambodscha heraus. Tricks und Finten beherrschte er perfekt, nicht nur bei dieser Gelegenheit.

Christoph war Reporter mit Leib und Seele, auch in Vietnam, Afghanistan und Angola, immer bereit Risiken einzugehen, wie kaum ein zweiter. Wann immer insbesondere die ARD jemanden brauchte, der sich traute, war er zur Stelle. Er konnte stur und eigensinnig sein, legte größten Wert auf seine Unabhängigkeit, blieb sein Leben lang freier Journalist, schlug alle Angebote auf Anstellung aus.

In den 90er Jahren berichtete er erneut aus Krisen- und Kriegsgebieten, so beim Golfkrieg und dem Irakkrieg. Als einer von ganz wenigen blieb er in Bagdad ungeachtet der schweren Bombenangriffe. Unvergesslich seine Reportage über zivile Opfer in einer Schutzeinrichtung, die „versehentlich“ getroffen wurde. Wie schon in Vietnam entlarvte er die Lügen der Propaganda und den Zynismus, wenn von „Kollateralschäden“ die offizielle Rede war. Er hätte sich nie als Reporter „embedded“ verdingen wollen.

Seinen kritischen Maßstäben blieb er auch bei seinen Inlandsberichten treu, so etwa, als er Korruption in der Nuklearindustrie aufdeckte. Er ließ sich nicht einschüchtern, auch wenn Anwaltskanzleien und, wie geschehen, Privatdetektive auf ihn angesetzt wurden. „Wer die Roten Khmer überlebt hat, hat doch vor denen keine Angst mehr“, meinte er selbstbewusst.

Die hauptamtlichen Journalisten in den Stuben der Heimatredaktionen traf gelegentlich sein Spott, verkrustete Strukturen in den öffentlich-rechtlichen Anstalten seine Kritik, die Kritik eines Einzelkämpfers, der er immer war und bleiben wollte.

1997 wurde ihm als erst drittem Preisträger der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen für kreativen, kritischen, parteiunabhängigen Journalismus.
Mit Christoph Maria Fröhder verliert der deutsche Journalismus einen vorzüglichen Reporter, der sich nie vereinnahmen ließ, eigensinnig, aber unbestechlich und mutig. Ein Vorbild. Wir trauern um ihn und mit seiner Familie.

Claus Richter

Hanns–Joachim-Friedrichs-Preis 2023 an Ina Ruck und Elmar Theveßen

Porträts: Ina Ruck, Elmar Theveßen
Ina Ruck | Elmar Theveßen

2023, in seinem 27. Jahr, geht der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus zu gleichen Teilen an die WDR-Korrespondentin Ina Ruck (derzeit Leiterin des ARD-Studios in Moskau). Sie gehört seit Jahrzehnten zu den besten, mit beeindruckendem Hintergrundwissen und brillanter Sprachkenntnis ausgestatteten Journalistinnen und Journalisten, die von dort berichten und an den ZDF-Journalisten Elmar Theveßen (derzeit Leiter des ZDF-Studios Washington). Er verbindet nach einer bemerkenswerten Karriere, an der Nachrichtenfront wie auf Entscheidungsebenen der ZDF-Zentrale, souveräne Sachkenntnis mit scharfem Blick für die großen Zusammenhänge.

 

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Hanns-Joachim Friedrichs Sonderpreis 2023 an drei ukrainische Journalistinnen

Porträts: Sevgil Musaieva, Natalyia Gumenyuk, Olga Rudenko
Sevgil Musaieva (c) Dmytro Larin
Nataliya Gumenyuk (c) Oleksandr Popenko
Olga Rudenko (c) WDR/Ben Knabe

Der Sonderpreis ehrt in diesem Jahr drei ukrainische Journalistinnen, stellvertretend für alle, die in einem extrem schwierigen, gefährlichen Umfeld professionelle journalistische Arbeit leisten; die mit ihrer Kenntnis des Landes, seiner Menschen und seiner politischen Verflechtungen eine unverzichtbare Basis auch für die Anstrengungen ausländischer Korrespondenten liefern.

Die Preisträgerin und ihre Medien veröffentlichen nicht nur auf Ukrainisch sondern auch auf Englisch und bieten damit zugleich wichtige, und vor allem unabhängige Quellen für ein internationales Publikum.

Sevgil Musaieva ist bereits seit 2014 Chefredakteurin des Internetportals Ukraina Pravda. Als preisgekrönte Investigativjournalistin für den Bereich Wirtschaftskriminalität hat sie sich seit vielen Jahren dem Kampf gegen Korruption verschrieben, trotz der Gefahren, die damit in der Ukraine lange Zeit einhergingen. Einer ihrer Vorgänger, Georgij Gongadse, der die Ukrainskaja Prawda 2000 gegründet hatte, wurde im selben Jahr brutal ermordet.

Nataliya Gumenyuk ist Kriegsreporterin und Mitbegründerin des Digitalsenders Hromadske und Leiterin des Public Interest Journalism Lab. Auch sie gehört zur Euromaidan-Generation, die sich frühzeitig gegen Zensur und staatliche Einmischung auflehnte.

Olga Rudenko ist Chefredakteurin und Mitbegründerin des Internetportals Kyiv Independent, das 2021 gegründet wurde, um unabhängigen und unbequemen Journalismus in der Ukraine zu fördern. Kyiv Independent legt besonderen Wert auf professionelle Distanz zu Staat und Regierung auch in Kriegszeiten. Olga Rudenko war bereits 2014 im Donbas als Kriegsreporterin im Einsatz.

Die besondere Herausforderung ihrer journalistischen Arbeit liegt darin, Kriegsberichterstatterinnen im eigenen Land zu sein. Es ist ihre Heimat, die zerstört wird, ihre Wohnungen, in denen sie in Bombennächten ausharren, es sind ihre Angehörigen, Freunde und Kollegen, die an der Front kämpfen und sterben. Trotzdem unabhängig und professionell zu arbeiten und zuverlässig zu recherchieren, ist eine herausragende Leistung, die wir würdigen möchten. Sevgi Musaieva, Nataliya Gumenyuk und Olga Rudenko sind darüber hinaus Repräsentanten jener ukrainischen Generation, die seit langem für
(Medien-)Freiheit, Demokratie und Transparenz kämpft. Es ist diese Generation, die der Kreml besonders fürchtet und die er vernichten will.

 

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Die Sendung der Preisverleihung 2023 können Sie hier anschauen: