Hans Zippert - Laudator 2012
Zum Hauptpreis für Oliver Welke und das Team der "Heute-Show"
"Oliver Welke ist Ostwestfale und deshalb hat er natürlich nicht gerade das, was man ein unverwechselbares Gesicht nennt. Ich hatte mich schon gefragt, ob er überhaupt da ist, bis ich merkte, dass er direkt neben mir saß. Da wo er und auch ich herkommen, aus Bielefeld nämlich, laufen Dutzende von seiner Sorte rum. Psychologen sind heute sicher, Bielefeld ist keine Heimat, sondern ein Schicksal. Wer aus dieser Stadt fliehen konnte, hat das Schlimmste schon hinter sich.
Oliver Welke hat es zunächst nur bis Harsewinkel geschafft, doch am Ende ist er bis ins ZDF gekommen. Dort lassen sie ihn machen, weil sie ihn für harmlos halten. Man fragt sich schon, was die Programmverantwortlichen für Drogen genommen hatten, als sie Welke und sein Team auf die Zuschauer losließen. In Wirklichkeit ist Oliver Welke nämlich der Antichrist des ZDF. Er verwaltet die sendereigene Fernsehhölle und entscheidet wie lange Rainer Brüderle, Kristina Schröder oder Peer Steinbrück im „Heute-Show-Fegefeuer“ schmoren müssen. Wurde man lange Jahre das Gefühl nicht los, das gesamte Programm des ZDF sei satirisch gemeint, so hat Welke die Verhältnisse wieder zurechtgerückt. Er verkörpert die seriöse, sorgfältig ausgearbeitete Satire, das ZDF liefert einen möglichst hirnverbrannten Programmteppich von dem sich Welke in genialischer Boshaftigkeit abheben kann.
Als Anchor-Man der „Heute-Show“ trägt er eine große Verantwortung, er ist der Geschäftsführer eines Fernsehselbstreinigungsunternehmens. Er muss uns Zuschauern glaubhaft vermitteln, warum Phillip Rösler eine Abreibung verdient hat und weshalb Claudia Roth der Lächerlichkeit Preis gegeben werden muss. Dabei kommt Welke seine Harmlosigkeit zu gute. Von diesem guten ehrlich ostwestfälischen Gesicht läßt man sich jede Unverschämtheit bieten.
Heute aber schlägt das Fernsehen unerbittlich zurück und Welke muss sich die Unverschämtheit des Hanns-Joachim-Friedrich-Preises bieten lassen. Er hat es wirklich nicht besser verdient."
Zum Sonderpreis für Denis Scheck
"Beim Format „Druckfrisch“ handelt es sich um eine revolutionäre Literatursendung, die einzigartig im deutschen Fernsehen ist. Hier geht es nur in zweiter, vielleicht auch erst dritter Linie um Autoren und Bücher aber in erster Linie um den Moderator. Meine Mutter, die ein begeisteter Fan der Sendung ist und das nicht nur, weil sie an Schlaflosigkeit leidet, bewunderte Denis Scheck anfangs, weil er jeden Monat so viel neue Bücher schreibt. Aber nach der dritten Sendung hatte sie das Prinzip begriffen.
Für uns beide lautet seitdem die Frage: Unter welchem literarischen Vorwand wird es Scheck diesmal wieder schaffen, in Venedig, Shanghai oder New York zu drehen? Oder nach San Francisco zu reisen, nur damit der Autor Dave Eggers drei Minuten stumm neben ihm sitzen darf. J
edenfalls werden meine Gebühren nirgendwo auf so elegante, unterhaltsame und erkenntnisstiftende Art verpulvert wie bei Denis Scheck, der selber kein Risiko scheut. Selbst lebensgefährliche Einstellungen bewältigt er ohne Stuntman, ja, er liest alle Bücher der Bestsellerliste ohne Schutzbrille. Jeder andere würde darüber depressiv werden aber Scheck rächt sich für die Lektürequalen und schickt Eckart von Hirschhausen und Dietrich Grönemeyer in den Orkus.
Stundenlang könnte ich ihm zusehen, wie er Bücher wegwirft und hoffe auch deshalb, dass das Ebook sich niemals durchsetzen wird. Oft ärgere ich mich, wenn er doch einen guten Titel auf der Bestsellerliste findet, weil ich den dann lesen muss.
Denis Scheck erhält in Anbetracht seines Alters nur den Hans-Joachim Friedrichs Sonderpreis, aber wenn er sein Niveau hält bekommt er irgendwann vielleicht auch den echten. Ich vertraue auf ihn, denn er weiß, was er tut."