Pressemitteilung 2001
Mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus werden im Jahr 2001 drei Journalisten und Autoren aus der Generation von Hanns Joachim Friedrichs ausgezeichnet, die deutsche Fernsehgeschichte geschrieben haben: Günter Gaus, Alexander Kluge und Gerd Ruge. Ihre Lebensleistung hat dem kritischen Journalismus im deutschen Fernsehen bedeutende Freiräume geschaffen und bis heute erhalten. Sie haben - jeder in seinem Bereich - Unabhängigkeit und Qualität als Maßstäbe gesetzt und aus den frühen Fernseh-Jahren herübergerettet in eine Zeit, in der Jugendwahn und Quoten-Orientierung das Medium immer stärker bestimmen. Generationen von Journalisten haben sich an ihnen orientiert. Sie selber sind noch immer engagiert tätig.
Günter Gaus hat mit seinen Portäts in Frage und Antwort, die seit den sechziger Jahren in Sendereihen wie "Zur Person" und "Zu Protokoll" ausgestrahlt worden sind, im deutschen Fernsehen eine Gesprächskultur etabliert, die aus der allgemeinen Talkshow-Überflutung herausragt. Es ist ihm gelungen, diese in ihrer Qualität und Sensibilität nie übertroffene Form des Fernsehgesprächs ohne Zugeständnisse an den Zeitgeist und an die Mutationen des Mediums lebendig zu erhalten. Über die Jahrzehnte betrachtet sind die Sendungen von Günter Gaus auch ein wichtiger Beitrag zur Zeitgeschichte.
Alexander Kluge, Vordenker des Autorenkinos und einer der Initiatoren der deutschen Filmförderung, hat mit seiner Idee des "Herausgeber-Fernsehens" und der von ihm gegründeten Produktionsfirma DCTP erreicht, daß auch von privaten Sendern wie RTL und Sat 1 unabhängige "Fensterprogramme" ausgestrahlt werden, zum Beispiel "Spiegel TV Reportage" oder "stern TV". Bezeichnungen wie "elektronischer Wegelagerer" haben ihn nicht daran hindern können, in seinen Kulturmagazinen und auf seinen Sendeplätzen der Quote zu trotzen und so inmitten des Infotainment dem politisch engagierten Journalismus eine Bresche zu schlagen.
Gerd Ruge ist als Reporter im Fernsehen (und früher im Hörfunk) eine Klasse für sich. Seine Neugier, seine unerschütterliche Präsenz und sein unbefangener Blick auf die weite Welt haben seit seinen Anfängen in den fünfziger Jahren nicht gelitten. Auseinandersetzungen ist er nie ausgewichen, aber immer wieder zum Fernsehen zurückgekehrt, zeitweilig auch als Redakteur und Moderator. Dort bewegt er sich nicht in medialen Nebenwelten, sondern bleibt bemüht, denen, die ihm zuschauen, die reale Welt näher zu bringen.
Günter Gaus, Jahrgang 1929, als Interviewer der "bekannteste Hinterkopf" des deutschen Fernsehens, kennt sich sowohl bei den "Machern" wie bei den "Merkern" aus. Er war in den sechziger Jahren Chefredakteur des "Spiegel", Programmdirektor des Südwestfunks und in den Siebzigern Staatssekretär im Bundeskanzleramt Willy Brandts, erster Ständiger Vertreter der Bundesrepublik in der DDR und "Chefunterhändler" der Bundesregierung bei insgesamt 17 Abkommen mit der DDR. Im Februar 1990 begann er im Zweiten Programm des DDR-Fernsehens eine neue Folge seiner Interviews "Zur Person", deren Senderechte dann von Alexander Kluges DCTP für die Sender RTLplus und Sat 1 erworben wurden.
Prof. Dr. Alexander Kluge, Jahrgang 1932, wandte sich schon als Rechtsanwalt der Schriftstellerei zu, lehrte als Professor an der Hochschule für Gestaltung in Ulm und kam, als Assistent von Fritz Lang, 1958 zum Film. Er gehörte zu den Initiatoren des "Oberhausener Manifests", gründete bereits 1963 eine eigene Filmfirma und produzierte, fast immer mit Unterstützung des Fernsehens, viele Filme, von denen "Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos" wohl am bekanntesten wurde. Mitte der achtziger Jahre gründete er mit der japanischen Werbeagentur "Dentsu" und dem "Spiegel"-Verlag die "Development Company for Television Programs" DCTP, die 1988 mit einer eigenen nordrhein-westfälischen Sendelizenz ausgestattet wurde und später die Federführung beim Privatsender VOX übernahm.
Gerd Ruge, Jahrgang 1928, fing 1949 als Redakteur beim NWDR an, wurde aber bald Auslandsreporter. 1956 ging er als erster ständiger Rundfunkkorrespondent der ARD drei Jahre nach Moskau, war dann Leiter der Abteilung "Zeitfunk" beim WDR und wurde 1970 Chefkorrespondent der ARD und Leiter des WDR-Studios in Bonn. Nach internen Differenzen ging er Ende 1972 für die Tageszeitung "Die Welt" nach Peking, kehrte 1977 zum Fernsehen zurück und wurde ARD-Korrespondent in Moskau. 1981 übernahm er die Leitung des Magazins "Monitor", wurde 1984 Chefredakteur Fernsehen beim WDR und 1987 Studioleiter der ARD in Moskau. Der Titel "Gerd Ruge unterwegs" wurde zum Markenzeichen seiner zahlreichen Reportage-Filme.