Kölner Stadtanzeiger

Kölner Stadtanzeiger - Köln, 21.10.1996

„Die Lust ist ungebrochen“

„Mona Lisa" Moderatorinnen Maria von Welser und Petra Gerster werden mit dem „Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis" ausgezeichnet

Von Ulrike Langer

Als „ML Mona Lisa" zum erstenmal im deutschen Fernsehen Bilder vom grausamen Ritual weiblicher Beschneidung brachte, war die eindringliche und später preisgekrönte Reportage der Auftakt zu einer Flut ähnlicher Veröffentlichungen und Filmberichte. Vorreiter in Frauenbelangen spielte das ZDF-Magazin auch bei den Themen Bosnien und Ruanda. Früher als ihre Journalistenkollegen dokumentierten die „ML“-Moderatorinnen Maria von Welser (50), zugleich Leiterin des Magazins, und Petra Gerster (41) die Leiden von Vergewaltigungsopfern und die Notlagen von Frauen in Kriegsgebieten. Immer wieder nahm sich das sonntägliche Frauenjournal dem deutschen Dauerthema Abtreibung an.

Anstöße geben, Themen besetzen, herausfordern, kritisch und möglichst objektiv berichten - das sind die Eigenschaften, die das Frauenjournal aus München in den acht Jahren seines Bestehens, nach über 300 Sendungen, zu einem Markenzeichen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gemacht haben. Und noch immer ist „Mona Lisa" das einzige bundesweite Frauenjournal im deutschen Fernsehen - mit Reportagen von Frauen aus Frauenperspektive.

Ausgleichsfunktion

„Die meisten übrigen Auslandsreportagen werden von männlichen Korrespondenten gedreht, denn die sind häufiger in Krisengebieten vertreten. Deshalb erfüllen wir eine wichtige Ausgleichsfunktion“, betont Maria von Welser. Das befand jetzt auch die Jury des „Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises für Fernsehjournalismus“.

„Weil Mona Lisa seit 1988 den Zuschauern wichtige Themen aus Politik und Gesellschaft in beispielhafter Form nähergebracht hat“ - heißt es in der Begründung zur Preisverleihung - erhalten Maria von Welser und Petra Gerster den Preis zu Ehren des verstorbenen „Tagesthemen“-Moderators. Die Auszeichnung wurde am 68. Geburtstag des Fernsehjournalisten, zwei Wochen vor seinem Tod am 28. März 1995, von seinen Freunden und Kollegen gestiftet. Er wird von diesem Kreis jährlich an „kritische, kreative und parteiunabhängige Reporter, Redakteure oder Moderatoren" verliehen.

Für Petra Gerster, eine ehemalige Redakteurin des „Kölner Stadt-Anzeiger", ist es die erste Auszeichnung. Nicht so für Maria von Welser, die im Laufe ihrer 27jährigen Karriere für zahlreiche aktuelle und politische Magazine des Bayerischen Rundfunks arbeitete, bevor sie 1988 zum ZDF wechselte - im Gepäck ein Konzept für ein Frauenmagazin. Als feministisches Quotenprogramm wurde es anfangs teilweise belächelt. Doch schnell erwarb sich „Mona Lisa" einen Ruf als fundiertes politisches Magazin. Von Welser leitete es von Anfang an. Die engagierte Münchnerin wurde 1992 mit dem Journalistenpreis der Deutschen Aids-Stiftung ausgezeichnet, war 1993 „Frau des Jahres“.

1989 suchte „Mona Lisa“ dringend eine zweite Moderatorin. Die Wahl fiel auf Petra Gerster, zuvor Moderatorin bei 3sat und der „Aktuellen Stunde“ des WDR. Gerster tat sich anfangs schwer mit dem Themenmix bei „Mona Lisa“. „Ende der 80er Jahre hatte ich noch so eine Attitüde. Modesendungen habe ich schlichtweg abgelehnt. Doch inzwischen habe ich gemerkt, daß jedes Thema interessant ist, sobald man sich wirklich dafür interessiert. Mein Schwerpunkt liegt aber bei Umwelt und Tierschutz“, bekennt Petra Gerster, die auch das Magazin „Achtung, lebende Tiere“ im ZDF und den „3sat Frauen-Stammtisch“ präsentierte.

Menschen in Not

Zum Jahreswechsel wird „Mona Lisa“ eine neue Leiterin bekommen. Wer das sein wird, steht noch nicht fest. Maria von Welser wird das Magazin verlassen, um ein neues Format rund um Menschen in Not zu entwickeln und moderieren. „Der Arbeitstitel lautet Marie hilf“, verrät von Welser schmunzelnd. Petra Gerster verlängert derzeit ihren Vertrag „um mindestens zwei weitere Jahre“, denn „die Lust an der Moderation ist ungebrochen, und die Zeit ist noch lange nicht vorbei, daß Mona Lisa gebraucht wird.“

Geehrt werden beide Moderatorinnen am Dienstagabend in der Sendeanstalt des WDR in Köln. Heiner Geißler überreicht den Preis. Wibke Bruhns und Friedrich Küppersbusch moderieren. Der WDR sendet die Aufzeichnung der Preisverleihung um 23 Uhr in seinem dritten Programm.