Abenteuerliche Odysee

Wiel Verlinden und Nasser Hadder posieren für die Kamera
v.l.: Wiel Verlinden und Nasser Haddar.
Foto: WDR

Menschlicher Anstand in grausamen Zeiten

von Ute Riechert

Ende Oktober 2011 wurde der Libyer Nasser Haddar in Köln mit dem Sonderpreis des Hajo-Friedrichs-Preises für Fernsehjournalismus ausgezeichnet. Der Weg nach Köln hat sich nicht nur für Haddar gelohnt: Dank der Hilfe von wdr-Kollegen erhielt der US-Fotograf Tyler Hicks wichtige Fotos aus dem Libyenkrieg zurück.

"Haddar kam am Rande der Verleihung mit einem Laptop und zwei Festplatten auf uns zu", erzählt Wiel Verlinden, Fernseh-Redakteur in der PG Inland. Diese seien ihm von libyschen Rebellen übergeben worden mit der Bitte, den Besitzer ausfindig zu machen. Als solchen vermuteten sie einen verschollenen Journalisten. Verlinden und seinen Kollegen gelang es, den Laptop zu öffnen. Sie stießen auf den Namen Tyler Hicks. "Der Name sagte mir natürlich etwas. Tyler Hicks ist ein vielfach ausgezeichneter Fotograf, ein ganz Großer", erklärt er. Zu Beginn des Krieges war Hicks mit Kollegen der New York Times verhaftet und gefoltert worden. Nach einer Woche kamen sie wieder frei - das Material aber blieb verschwunden. Noch am selben Abend gelang es Verlinden, Hicks in Nairobi ausfindig zu machen und ihm mitzuteilen, dass Laptop und Festplatten in Sicherheit seien.

"Tyler Hicks ist zwar ein tougher junger Kriegsfotograf, aber bei dieser Nachricht war er völlig euphorisiert", erzählt Verlinden. Denn: Zum einen triebe Hicks nach wie vor die Sorge um den Fahrer um, der seit der Festnahme im März verschollen ist, möglicherweise sogar getötet wurde. Zum andern fehlten immer noch Kameras und Speicherkarten, die ihm bei der Festnahme abgenommen worden sind. Wiel Verlinden hat besonders beeindruckt, dass die jungen libyschen Rebellen inmitten eines grausamen Krieges nach dem Urheber der Fotos zu suchten. "Das Faszinierende war, dass sie aus Respekt vor einem Totgeglaubten wollten, dass die Familie den Laptop zurückkriegt", betont der Journalist. Inzwischen hat Hicks zumindest die Fotos auf Laptop und Festplatten zurückerhalten. Derzeit hofft der Fotograf, mit der Hilfe von Nasser Haddar in Libyen auch Kameras und Speicherkarten wieder aufzuspüren. Denn darauf sind die Bilder des dramatischen Geschehens im März dokumentiert. Im Interesse der Pressefreiheit, so Verlinden, könnten sich Hicks und Haddar dabei jeder erdenklichen Unterstützung durch den wdr sicher sein.